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chronische Hepatitis B bei niedrigem Titer?

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

09.07.2017 | 13:57 Uhr

Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

Da ich im Gesundheitssektor arbeite, wurde vor kurzem mein Hepatitis B -Titer getestet, um zu gucken, ob ich eine Auffrischungs-Hepatitis B-Impfung benötige. Der Titer war unter 10, wodurch ich vor ein paar Tagen eine Auffrischungsimpfung bekam. In knapp 4 Wochen wird mein Titer neu bestimmt. Nun habe ich allerdings Angst, dass mein Titer erneut zu niedrig ist? Ich habe nämlich gelesen, dass beim Vorliegen einer chronischen Hepatitis B der Titer bei einer Impfung nicht oder kaum ansteigt? Stimmt das? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, im Laufe seines Lebens an einer chronischen Hepatitis B zu erkranken. Mein Immunsystem ist eigentlich sehr stabil, ich bin selten krank, etc. Kann man dann trotzdem an einer chronischen Hepatitis B erkranken? Ich bin einfach beunruhigt, da mein Titer so niedrig war und ich jetzt Bedenken habe, dass er in knapp 4 Wochen erneut niedrig ist.

Ich würde mich sehr über eine Antwort von Ihnen freuen.

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen

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Experte-Leidel
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10.07.2017, 09:40 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag beppen86,

ich weiß nicht, wann Sie ursprünglich gegen Hepatitis B geimpft wurden und ob damals eine Antikörperkontrolle erfolgt ist. Wenn die Konzentration der Antikörper (Anti-HBs) irgendwann einmal mindestens 100 IE/l betragen hat, sind Sie wahrscheinlich geschützt.

Ist Ihre Impfung in der Kindheit erfolgt, wurde wahrscheinlich noch nie getestet. Dass das Anti-HBs jetzt unter 10 IE/l liegt, bedeutet zunächst einmal nichts. Wichtiger als die aktuelle Ak-Konzentration ist die Frage, ob bei der Erstimmunisierung ein "Immungedächtnis" etabliert wurde. Der Ak-Spiegel kann im Lauf der Zeit absinken, und nicht selten werden dann keine Ak nachgewiesen. Das bedeutet aber nicht Schutzlosigkeit. Denn bei einem Kontakt mit Hepatitis B-Virus (HBV) reagiert das Immungedächtnis, und die Ak-Produktion setzt rasch ein. Dann "überholt" die Immunität praktisch die Infektion, Das Virus braucht etwa 2 bis 3 Monate, bis es sich entsprechend vermehrt hat. Bis dahin ist der Ak-Spiegel aber längst wieder hoich und verhindert die Erkrankung. Ob das bei Ihnen so ist, wird man an der Kontrolle nach der jetzigen Auffrischimpfung erkennen.

Nun aber zu Ihrer eigentlichen Frage: Es ist richtig, dass bei einer chronischen Hepatitis B-Infektion meist keine Ak gebildet werden. Sollte also die Ak-Konzentration bei der Kontrolle < 10 IE/l sein, wird man bei Ihnen HBsAg und Anti-HBc bestimmen und so erkennen, ob bei Ihnen eine chronische Hepatitis B-Infektion vorliegt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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10.07.2017, 11:12 Uhr
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Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. 

Nun hoffe ich sehr, dass bei meiner nächsten Titer-Bestimmung der Titer ordentlich angestiegen ist. Vor meiner Impfung gegen Hepatits B vor mehreren Tagen wurde ich vor 16 Jahren mit zwei Twinrix-Hepatitis A+B geimpft. 

Aus anderen Gründen wurde bei mir  vor kurzem ein Blutbild gemacht mit sehr guten Leberwerten. Spricht dies nicht eigentlich gegen eine chronische Hepatitis B oder besteht trotzdem die Möglichkeit? Ich habe wirklich Angst, dass mein Titer bei der nächsten Titerbestimmung wieder unter 10 landet und dann auf chronische Hepatitis B getestet werden muss. Ist bei einer chronischen Hepatitis B die Verwirklichung eines Kinderwunsches möglich? Meine Freundin ist gegen Hepatitis B geimpft.

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen

Experte-Leidel
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10.07.2017, 11:28 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag beppen86,

diese Informationen machen die ganze Angelegenheit etwas komplizierter. Bei der Impfung vor 16 Jahren hätten eigentlich drei Impfungen mit dem Kombinationsimpfgstoff erfolgen müssen, die beiden ersten Impfungen sollen dabei etwa 4 Wochen auseinanderliegen, die dritte hätte mindestens 5 Monate nach der zweiten erfolgen sollen (wobei längere Abstände auch ok sind).

Es ist wahrscheinlich, dass die jetzt vor einigen Tagen erfolgte verspätete 3. Impfung noch ausreichend wirkt und die Ak > 100 IE/l betragen. Es ist aber auch möglich, dass es nicht funktioniert, und dass eine niedrigere Ak-Konzentration an dem "zu" langen Abstand liegt. Dann muss man evtl. weiterimpfen. Nur wenn keine Antikörper nachweisbar sind, sollte eine chronische Hepatitis B ausgeschlossen werden.

Die unauffälligen Leberwerte machen eine solche chronische Infektion zwar unwahrscheinlich, schließen diese jedoch nicht sicher aus.

Alles Gute und mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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10.07.2017, 11:38 Uhr
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Vielen Dank für Ihre Antwort.

Und wissen Sie, wie es sich mit Kinderwunsch und einer chronischen Hepatitis B des Mannes verhält, wenn die Partnerin dagegen geimpft ist?

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen

Experte-Leidel
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11.07.2017, 08:44 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag beppen86,

m. E. spricht eine chronische Hepatitis B des Mannes nicht dagegen, einen Kinderwunsch auch praktisch umzusetzen. Für das Kind ist es wichtig, ob die Mutter ansteckend ist, also HBsAg bei der Mutter positiv ist. Aber selbst dann spricht nichts gegen eine Schwangerschaft. Die Übertragung der Viren auf das Ungeborene erfolgt erst bei der Geburt. Und man kann das Neugeborene vor einer Infektion schützen.

Alles Gute und freundliche Grüße

Dr. Jan Leidel

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11.07.2017, 11:29 Uhr
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Vielen Dank für Ihre Antwort und die Zeit, die Sie sich genommen haben.

Mit freundlichen Grüßen

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23.07.2017, 15:31 Uhr
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Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

ich habe vergangene Woche, um Gewissheit zu bekommen, einen Hepatitis B -Test gemacht und es hat sich herausgestellt, dass alles in Ordnung ist. Allerdings hat sich bei der Blutuntersuchung herausgestellt, dass ich irgendwann mal in meinem bisherigen Leben eine akture Hepatitis E-Infektion durchgemacht habe. Bedeutet das nun, dass ich nun gegen Hepatitis E-Erreger immun bin? Und bedeutet dies, dass ich auf keinen Fall (mehr) ansteckend bin? Da bei mir und meiner Partnerin Kinderwunsch besteht, ist mir, das zu erfahren, sehr wichtig, da eine Hepatitis E-Erkrankung bei Schwangeren ja zu Schwierigkeiten führen kann.

Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen.

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen

Experte-Leidel
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23.07.2017, 16:09 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Beppen86,

wahrscheinlich wurden bei der Untersuchung IgG-Antikörper gegen Hepatitis E (Anti-HEV-IgG) nachgewiesen. Wenn das so ist und Anti-HEV-IgM negativ war, spricht dies in der Tat für eine frühere Infektion, die  ausgeheilt ist (dazu passen auch die normalen Leberwerte, die festgestellt wurden). Eine chronische Hepatitis E gibt es bei Immungesunden nicht. Es geht von Ihnen also kein Infektionsrisiko aus.

Eine erneute Infektion ist - wenn es dies überhaupt gibt - äußerst selten. Es gibt unterschiedliche Genotypen des Virus, und bislang ist noch nicht ganz klar, ob die Immunität nach überstandener Infektion gegen alle Genotypen besteht und ob sie lebenslang anhält. Aber das ist eher von akademischem Interesse und nichts, was Sie beunruhigen sollte.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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23.07.2017, 16:29 Uhr
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Vielen Dank für Ihre Antwort.

Eine letzte Frage interessehalber: Kann Hepatitis E auch über Geschlechtsverkehr übertragen werden?

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen

Experte-Leidel
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23.07.2017, 16:38 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Dafür gibt es keine Hinweise.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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