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Totimpstoffe inaktive Viren Restrisiko

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

21.08.2021 | 10:00 Uhr

Schönen guten Tag,

 

Bzgl. Der Sicherheit von Totimpfstoffen ist mir eine Frage aufgekommen. Viren sind keine eigenständigen Lebewesen, die tot oder lebendig sind. Die Experten sprechen wohl immer von aktiv oder inaktiv. Nun habe ich gelesen, dass es wohl möglich sein soll, dass inaktive Viren, die beispielsweise wieder in ein Lösungsmittel kommen, wieder aktiviert werden können . Ich habe da so das Bild im Kopf "Schalter an und Schalter aus". Jetzt frage ich mich, ob das bei Totimpfstoffen auch denkbar ist. Hier werden lebende Viren inaktiviert durch verschiedene Methoden.

Ist das immer irreversible? Ist bei der Herstellung immer gewährleistet, dass auch sämtliche Viren inaktiviert wurden? Ich frage mich, wie man das bei Millionen von herangezüchteten Viren sicher nachweisen/prüfen kann, bevor eine Charge an den Mann/die Frau gebracht wird.

 

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Experte-Leidel
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21.08.2021, 12:37 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

ja, Viren sind keine wirklichen lebewesen. Sie haben keinen eigenen Stoffwechsel, können sich nicht selbst aktiv fortbewegen u. a. m. Aber Ihr "Schalter an und Schalter aus" trifft es auch nicht. Und auch von "aktiv", "inaktiv" kann man eigentlich nicht sprechen.

Viren bestehen aus dem Genom (RNA) oder (DNA) und einer Proteinkapsel. Einige verfügen darüber hinaus auch noch über eine lipidhaltige Außenhülle. Und wenn das Genom in geeignete Zellen eines Menschen, Tieres oder einer Pflanze oder eines Bakteriums gelangt, kann das genetische Material die Zelle "kapern" und zwingen, jetzt massenhaft neue Viren herzustellen. Außerhalb lebender Wirtszellen können sich die Viren nicht fortbewegen. Sie liegen einfach nur untätig herum und gehen mit der Zeit "kaputt", verlieren also ihre Infektiosität.

Wie rasch das geht, hängt vom Virus, von der Temperatur, der Luftfeuchtigkeit und weiteren Faktoren ab.

Im Labor kann man den Viren optimale physikalische Bedingungen schaffen und durch Tests feststellen, wie lange diese unter für sie optimalen Bedingungen infektiös bleiben können.

Das hat aber mit dem "wirklichen Leben" außerhalb des Labors nichts zu tun.

Tollwutimpfstoffe und andere "Totimpfstoffe" bestehen aus Virusbestandteilen, die keine Macht der Welt  "wiederbeleben" kann. Und bei der herstellung des Impfstoffs werden alle dazu verwendeten Viren mit äußerster Zuverlässigkeit "abgetötet" bzw. inaktiviert.

Es hat in der Frühzeit der Impfstoffherstellung tatsächlich einmal die Situation gegeben, dass die Impfviren (es handelte sich um Polioviren) nich vollständig inaktiviert worden sind. Das war das sog. "Cutter-Unglück" in den USA. Und seitdem hat sich etwas ähnliches nicht wiederholt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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21.08.2021, 15:29 Uhr
Antwort

Vielen Dank Hr. Dr. Leidel für Ihre Antwort:

Bitte erlauben Sie mir noch eine Rückfrage?

Über HI-Viren habe ich zuletzt gelesen, dass diese eingetrocknet im Blut ihre Vermehrungsfähigkeit verlieren, diese aber in einem Lösungsmittel wieder "aufleben" könne. Ich glaube das war sogar eine Antwort in den FAQ vom RKI.

Ich hätte gedacht, Trockenheit/Austrocknung macht die Viren grundsäztlich kaputt, so wie Sie es oben beschrieben haben.

Nun der Bogen zum Tollwutvirus. Ist soetwas auch bei diesem Virus denkbar?

Soweit ich weiß, ist der Tollwutimpfstoff zunächst ein Pulver, welches in Wasser aufzulösen ist. Unabhänging davon, ob die Viren nun eine korrekte Behandlung im Labor erfahren haben oder in Anlehung an das Cutter Unglück nicht, ist Pulver trocken. Reicht das beim Tollwutvirus denn bereits für eine irreversible Vermehrungsunfähigkeit aus?

Frage am Rande: Liegen eigentlich viele Totimpfstoffe zunächst als Pulver vor?

Vielen Dank

 

 

 

 

Experte-Leidel
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21.08.2021, 17:08 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag nochmal,

Die HI-Viren sind zunächst in geronnenem oder getrocknetem Blut außerhalb des Körpers durchaus einige Zeit prinzipiell infektiös. In der FAQ des RKI, die Sie vielleicht meinen, heißt es: "Für die Frage der An­ste­ckung­smöglichkeiten ist dies im Alltag aber meist wenig relevant, da in der Regel keine geeignete Eintrittspforte für das Virus mehr besteht. Dies gilt auch für Blut oder Sperma an Gegenständen. Sobald potentiell infektiöse Kör­per­flüs­sig­keit­en angetrocknet sind, besteht in der Regel keine Möglichkeit einer In­fek­ti­onsübertragung mehr."

Solange die Viren aber ihre "potentielle Infektiosität" noch haben, könnten diese unter Laborbedingungen wieder in die Lage versetzt werden, z. B. Zellkulturen zu infizieren. Ist die potentielle Infektiosität aber erst einmal vergangen, kann sie nicht mehr wiederhergestellt werden.

Die verfügbaren Tollwutimpfstoffe sind zuverlässig chemisch inaktiviert und zum Teil lyophilisiert. Das heißt, sie kommen als Pulver mit einem Lösungsmittel in den Handel und der Impfstoff muss zunächst rekonstituiert werden.

Ja, eine ganze Reihe von Totimpfstoffen kommen als Pulver und Lösungsmittel in den Handel, aber nicht alle.

Und damit würde ich diesen Mailwechsel gerne beenden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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21.08.2021, 17:24 Uhr
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Erneut vielen Dank und ein schönes Wochenende. 

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