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Hepatitis B durch Friseurbesuch?

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

30.06.2017 | 13:07 Uhr

Sehr geehrter Herr. Dr. Leidel,

ich war vor kurzem bei einem türkischen Friseur/Barbier, der mich mit einer Rasierklinge rasiert hat. Durch die Rasur sind ein paar kleine blutende Wunden entstanden. Ich glaube, es begann jedoch erst eine viertel Stunde nach dem Friseurbesuch zu bluten. Er hat eine frische Klinge genommen, allerdings weiß ich nicht genau, ob die Halterung desinfiziert wurde. Nach der Rasur hat er die rasierten Fläche, so nehme ich an, desinfiziert, weil es kurz sehr stark gebrannt hat. Ich habe im Jahr 2000 zwei Twinrix Hepatitis Impfungen ;bekommen (die dritte wurde vergessen). Nun zu meiner Frage: Wie hoch ist denn die Wahrscheinlichkeit, mich mit Hepatitis B angesteckt zu haben? Aufgrund der Tatsache, dass meine dritte Impfung damals vergessen wurde (die ich jetzt aber nächste Woche nachhole), bin ich stark verunsichert. Könnten die zwei Twinrix-Impfungen für einen gegenwärtigen Impfschutz ausreichend sein?

Ich würde mich sehr über eine Antwort auf die Fragen freuen.

Mit freundlichen Grüßen


30.06.2017 13:53 – Beitrag von der Redaktion bearbeitet.

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Experte-Leidel
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30.06.2017, 15:03 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag stuttgart21,

ein dadurch aufgetretenes Infektionsrisiko halte ich für außerordentlich gering bzw. für nahezu ausgeschlossen. Ob bereits durch die zwei Impfungen von 2000 ein ausreichender Schutz besteht, vermag ich natürlich nicht zu sagen, sehr wahrscheinlich ist es nicht.

Es ist auf jeden Fall sinnvoll, jetzt bald die dritte Impfung nachzuholen. Diese könnte noch dazu führen, dass durch einen Booster-Effekt rasch hohe Antikörperspiegel auftreten, während - im außerordentlich unwahrscheinlichen Fall, dass es zu einer Infektion gekommen sein sollte - die Viren fast drei Monate benötigen, bis sie sich soweit vermehrt haben, um zu einer Erkrankung zu führen.

Ich möchte insbesondere wegen des doch sehr großen Abstands zu den ersten beiden Impfungen empfehlen, 4 bis 8 Wochen nach der Impfung eine Antikörperkontrolle durchführen zu lassen. Liegen diese bei mindestens 100 IE/l, können Sie von einem lang anhaltenden, wahrscheinlich lebenslangen Schutz ausgehen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

 

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01.07.2017, 15:04 Uhr
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Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

Ich danke Ihnen recht herzlich für Ihre ausführliche und beruhigende Antwort.

Falls gestattet, hätte ich noch kurz eine abschließende Frage: Kann der durch eine Impfung ausgelöste "Booster-Effekt" wohl generell dazu führen, dass im Falle einer zuvor stattgefundenen (wenn auch außerordentlich unwahrscheinlichen) Infektion mit dem Hepatitis B-Virus die Viren im Körper bekämpft und es somit nicht zu einer Erkrankung kommen würde?

Vielen Dank und mit freundlichn Grüßen

Experte-Leidel
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01.07.2017, 15:09 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag struttgart 21,

ja, genau das wollte ich Ihnen mitteilen. Wenn es zu einem Booster kommt, was wahrscheinlich, wegen des langen Zeitabstandes aber nicht sicher ist, bilden sich rasch Antikörper, die etwa eingedrungene Viren neutralisieren.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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03.07.2017, 13:57 Uhr
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Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

vielen Dank für Ihre erneute Antwort und dass Sie sich die Zeit nehmen, zu antworten.

Ich habe heute bei meinem Allgemeinarzt die Ergebnisse des Titer-Tests bekommen, der besagte, dass keine Hepatitits B-Antikörper (mehr) in meinem Körper sind. Deswegen wird bei mir erneut eine Grundimmunisierung  gegen Hepatitis B mit 3 Impfungen vorgenommen. Diesbezüglich hätte ich noch eine Frage, falls es Ihnen keine Umstände bereitet: Meine Partnerin und ich möchten bald versuchen, ein Kind zu bekommen: Haben die Hepatitis B-Impfungen Auswirkungen auf die Spermien bzw. Zeugungsfähigkeit (möglicherweise aufgrund des darin enthaltenen Aluminiums)? Könnte bei einer (wenn auch sehr unwahrscheinlichen) Hepatitis B-Infektion meine Partnerin (trotz Hepatitis B-Impfung) und das Kind angesteckt werden?

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen

Experte-Leidel
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03.07.2017, 15:04 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag Stuttgart 21,

es schadet sicher nichts, wenn Sie jetzt eine komplette Grundimmunisierung mit drei Impfungen. Es könnte aber auch sein, dass die Nachholung allein der dritten Impfung bereits zu einem guten Schutz führt. Aber das ist Sache Ihres Arztes. Auf jeden Fall würde ich nach Abschluss der Impfungen nochmals eine Blutuntersuchung auf Antikörper ermpfehlen.

Einfluss auf die Zeugungsfähigkeit oder nachteilige Auswirkungen auf eine gewünschte Schwangerschaft hat die Impfung sicher nicht. Der Aluminiumgehalt von 0,4 mg hat nach allem, was wir heute wissen, keine negativen Folgen für Sie oder gar Ihre Partnerin. Das zeigen viele Studien sehr überzeugend.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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05.07.2017, 11:47 Uhr
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Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

ich möchte mich nochmals herzlich bei Ihnen für Ihre ausführliche Anwort bedanken und dass Sie sich Zeit nehmen.

Interessehalber und abschließend (!!!) würde ich Sie gerne noch bzgl. des Booster-Effektes fragen, ob es also wirklich möglich ist, nach einer (wenn auch sehr unwahrscheinlichen) Infektion erfolgenden Impfung die vorangegangene Infektion zu verhindern? Denn man liest doch immer wieder, dass durch eine nach einer Infektion erfolgenden Impfung nicht die vorangegangene, sondern erst eine nachfolgende Infektion verhindert werden kann!? 

Vielen herzlichen Dank und mit freundlichen Grüßen

 

Experte-Leidel
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05.07.2017, 17:08 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag stuttgart21,

zwei Vorbemerkungen sind wichtig, um meine Ausführungen zu diesem Punkt zu verstehen:

1. Wir wissen heute, dass bei den meisten Impfungen zwar kürzere als die empfohlenen Abstände zwischen den Impfungen einer Impfserie den Impferfolg gefährden, längere im allgemeinen jedoch nicht. In den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) heißt es hierzu:

"Andererseits gilt grundsätzlich, dass es keine unzulässig großen Abstände zwischen den Impfungen gibt. Jede Impfung zählt! Auch eine für viele Jahre unterbrochene Grundimmunisierung muss nicht neu begonnen werden, sondern wird mit den fehlenden Impfstoffdosen komplettiert."

2. Die Hepatitis B ist eine Krankheit mit sehr langer Inkubationszeit (Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch der Erkrankung). Bei der Hepatitis B beträgt sie im Durchschnitt 60 bis 120 Tage.

Daraus folgt, dass es durchaus zumindest wahrscheinlich ist, dass die zwei Impfungen, die Sie in der Vergangenheit bereits erhalten haben, schon ein "Immungedächtnis" erzeugt haben. Es ist nach der Hepatitis B-Impfung nicht ungewöhnlich, dass die Antikörper im Laufe der Zeit wieder aus dem Blut verschwinden und nicht mehr nachweisbar sind.

Wenn jetzt die dritte Impfung nachgeholt wird, ist es sehr wahrscheinlich, dass durch das entstandene Immungedächtnis eine rasche Antikörperbildung wieder einsetzt und dass ein schützender Antikörperspiegel entsteht, lange bevor die Viren sich ausreichend vermehrt haben, um zu einer Erkrankung zu führen.

Bei Krankheiten mit eher kurzer Inkubationszeit (z. Bsp. Masern) sieht das anders aus. Da kann man allenfalls in den ersten drtei Tagen nach einer möglichen Ansteckung noch versuchen, durch eine Impfung die Krankheit "zu überholen". Aber bei Hepatitis B ist dies deutlich länger möglich, da kann man von einer Schutzwirkung und Verhinderung der Erkrankung noch bis etwa 40 Tage nach der möglichen Infektion (die in Ihrem Fall äußerst unwahrscheinlich ist) ausgehen.

Daher war es mein Vorschlag, jetzt bald die dritte Impfung nachzuholen und 4 bis 6 Wochen nach dieser Impfung den Antikörperspiegel erneut zu kontrollieren. Sollte dieser dann immer noch nicht nachweisbar sein oder unter 100 IE/l liegen sollte weiter geimpft werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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06.07.2017, 19:49 Uhr
Antwort

Vielen Dank für Ihre Antwort. 

Ich habe heute eine Hepatitis B-Impfung bekommen sowie eine FSME-Impfung, weil diese in meinem Impfpass noch fehlte. Beide Impfstoffe hatten zusammen einen Aluminiumgehalt von ca. 0,9 mg. Hat dies auch keinerlei Beeinflussung auf die Zeugungsfähigkeit/Spermienqualität bzw. einen Schwangerschaftswunsch? (Bitte verzeihen sie: das ist jetzt definitiv die letzte Frage, die ich stelle. Haben sie vielen Dank für ihre Geduld und Ihre Zeit, die Sie sich nehmen.

Mit freundlichen Grüßen

Experte-Leidel
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07.07.2017, 10:16 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag stuttgart21,

Aluminium kann grundsätzlich eine schädigende Wirkung auf Nervengewebe, Knochenentwicklung und die Fortpflanzung haben. Wie schwerwiegend dies sein kann, hängt in erster Linie von der aufgenommenen Menge, von der chemischen Form des Aluminiums, von der Verteilung zwischen Blut und Gewebe und der ja auch wieder erfolgenden Ausscheidung ab.

Bei bestimmten Schutzimpfungen ist der (für die Schutzwirkung erforderliche) Aluminiumgehalt nach dem Europäischen Arzneibuch auf 1,25 mg pro Dosis gesetzlich begrenzt. Tatsächlich liegt er bei den in Europa zugelassenen Impfstoffen unterhalb dieses Grenzwerts in einem Bereich von 0,125 bis 0,82 mg Aluminium pro Dosis).

Bei dem Aluminium in Impfstoffen handelt es sich um schwer lösliche Salze, die intramuskulär verabreicht werden. Daher ist zu keiner Zeit das gesamte Aluminium im Blut vorhanden. Der Großteil des resorbierten Aluminiums wird rasch über die Nieren wieder ausgeschieden.

Außer durch (ja eher selten erfolgende) Impfungen nehmen wir Aluminium kontinuierlich insbesondere durch Nahrungsmittel und Kosmetika auf. Diese spielen bei der Gesamtbetrachtung eine wesentlich größere Rolle.

Fazit: Nach Angaben des in Deutschland für die Sicherheit von Impfstoffen zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts sowie der entsprechenden wissenschaftlichen Einrichtungen in anderen Ländern gibt es weder aus wissenschaftlichen Studien, noch aus der Erfassung von Impfnebenwirkungen Signale für eine aluminiumbedingte Toxizität nach Impfungen. Der Beitag der Impfungen zur geschätzten lebenslangen Gesamtbelastung ist im Vergleich zur kontinuierlichen Aufnahme von Aluminium aus anderen Quellen sehr gering und angesichts des Nutzens durchaus vertretbar.

Sie müssen keine nachteiligen effekte der Impfungen auf Ihren Kinderwunsch befürchten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

 

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08.07.2017, 14:20 Uhr
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Sehr geehrter Herr Dr. Leidel,

Ich möchte mich erneut recht herzlich bei Ihnen für die ausführliche Beantwortung meiner Fragen bedanken.

Freundliche Grüße und ein schönes Wochenende

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