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Hände nur mit Wasser waschen - Angst vor HIV/Hep C

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Infektions- und Reisemedizin | Expertenfrage

12.05.2022 | 22:03 Uhr

Sehr geehrter Dr. Leidel,

wie die meisten in diesem Forum plagt mich seit Jahren eine Angst-/Zwangstörung, die sich trotz Therapie nur bedingt verbessert hat. Bei mir bezieht sie sich vor allem auf die Angst vor potenziell infektiösen Körperflüssigkeiten im Hinblick auf eine Ansteckung mit HIV oder Hepatitis C. Meistens finde ich im Alltag für mich Lösungen, um damit umzugehen. Mit einer aktuellen Frage/Sorge komme ich allerdings nicht weiter und würde mich daher gern an Sie wenden.

Ich habe in letzter Zeit in meinem Umfeld bei verschiedenen Personen mitbekommen, dass sie sich nach dem Toilettengang die Hände nur mit Wasser, ohne Seife, waschen. Das weiß ich, da die räumlichen Gegebenheiten so sind, dass das Waschbecken bei uns in der Küche und nicht im Bad liegt. Auch bei meiner Schwiegermutter und Schwägerin ist es mir aufgefallen. Beide sagen, sie hätten Hautprobleme und würden es so besser vertragen. Für mich ist das allerdings ein riesiger Trigger. Wenn das bei uns zuhause passiert, kann ich damit noch einigermaßen umgehen, da ich ziemlich sicher bin, dass die beiden Personen nicht von HIV/Hepatitis C betroffen sind und ich somit keine große Angst vor deren Körperflüssigkeiten habe (eklig finde ich es trotzdem). Schwieriger wird es für mich allerdings, wenn wir in der Öffentlichkeit zusammen unterwegs sind und die beiden öffenliche Toiletten aufsuchen. Diese meide ich aufgrund meiner Ängste sowieso schon. Das größte Problem für mich ist dabei Menstruationsblut, das ich auf öffentlichen Damentoiletten (wenn auch vielleicht nicht direkt sichtbar) an Türklinken, Toilettenbrillen, Spülkästen etc. vermute. Mir ist natürlich bewusst, dass die Chance, dass auf einer bestimmten öffentlichen Toilette kurz zuvor eine menstruierende Frau war, die auch noch infiziert ist, sehr gering ist. In meinem Kopf ist aber allein der Gedanke schlimm, mit fremdem Blut in Berührung zu kommen, bei dem ich eben eine Infektiösität auch nicht ausschließen kann.

Um zum Punkt zu kommen: Ich weiß, dass HIV/Hepatitis C-Viren "abhängig" sind von ihren Trägerflüssigkeiten, darin quasi festsitzen und außerhalb derer nicht bestehen/beweglich sind. Meine Hoffnung ist daher, dass sollte eine meiner beiden Familienmitglieder auf einer öffentlichen Toilette tatsächlich direkt oder indirekt (über Türklinke der Kabine zB) mit Menstruationsblut in Berührung kommen, dieses auch NUR mit Wasser weggespült werden würde und somit auch keine dieser Viren mehr an den Händen anhaften können? 

Andere alltäglichere Bakterien/Viren etc. ängstigen mich nicht, sondern wirklich speziell HI- und Hep C-Viren. Beim Googeln findet man natürlich immer nur den Hinweis, dass Seife Viren zerstört, aber die Nutzung dieser lehnen die beiden ja leider ab und ich kann ihnen das natürlich auch nicht vorschreiben. Da wir demnächst auch zusammen in den Urlaub fahren, graut es mir jetzt schon davor, nichts mehr anfassen zu wollen, nachdem eine der beiden von einer öffentlichen Toilette zurückkommt, aus Angst, nach dem reinen Händewaschen mit Wasser könnten möglicherweise noch Trägerflüssigkeit/Viren an den Händen haften.

Hoffentlich können Sie mir in dem Punkt ein wenig die Angst nehmen... mir nimmt dies die ganze Vorfreude auf den Urlaub.

Vielen Dank für Ihre wertvolle Arbeit hier.

Freundliche Grüße

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Bisherige Antworten
Experte-Leidel
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13.05.2022, 16:09 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

Eine HIV-Übertragung erfolgt meist beim ungeschützten Geschlechtsverkehr. Im Übrigen kann HIV grundsätzlich dann übertragen werden, wenn Blut, Sperma oder Scheidenflüssigkeit in engen Kontakt mit Schleimhäuten (Scheide, Penis, Enddarm, Mund) oder mit offenen Wunden kommt. Andere Körperflüssigkeiten wie Urin, Schweiß, Speichel oder Tränen enthalten - wenn überhaupt - eine so geringe Konzentration an Viren, dass damit eine Ansteckung praktisch ausgeschlossen ist. 

Mittlerweile sind in Deutschland nahezu alle HIV-Patienten in ärztlicher Behandlung und haben wegen der heute verfügbaren Medikamente eine derart geringe Viruslast, dass Ansteckungen nur noch selten erfolgen. 

Hepatitis C wird über infiziertes Blut übertragen, wenn dieses in Blutbahn oder Schleimhäute eines Gesunden eindringt. Erhebliche Ansteckungsgefahr besteht durch gemeinsam benutztes Spritzbesteck in der Drogenszene (z.B. Spritzen, Kanülen, Löffel, Röhrchen zum Sniefen etc.). Nadelstichverletzungen bei medizinischem Personal sowie Hygienemängel bei medizinischen und anderen invasiven Eingriffen können ebenfalls zur Infektion führen (z.B. Operationen, Tätowierungen, Piercings, Akupunkuren etc.). Eine sexuelle Übertragung ist möglich, aber sehr viel seltener als z. B. bei HIV.

Eine Übertragung auf der Toilette ist mit oder ohne Seife allenfalls eine  wirkliche Rarität.

Ich hoffe, dass Ihre Therapie bald anschlägt und zu Ihrer Erleichterung führt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

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13.05.2022, 19:33 Uhr
Kommentar

Sehr geehrter Dr Leidel, 

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Mir sind die gängigen Ansteckungswege geläufig. Dass mein geschildertes Szenario nicht dazu zählt, ist mir bewusst. Dennoch ängstigt mich die Frage, ob das Händewaschen auch ohne Seife genügt, um mögliches Blut und damit auch potentiell darin enthaltene HIV/Hep C Viren wegzuspülen. Andernfalls würde mich der Gedanke, dass diese Viren nach dem Toilettengang und dem Händewaschen mit Wasser noch an den Händen anhaften könnten, sehr beunruhigen und einschränken, wenn wir gemeinsam unterwegs sind.

Vielen Dank!  

 

Experte-Leidel
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14.05.2022, 16:35 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

wo keine Viren sind und keine Eintrittspforte voirhanden ist, spielt die Seife eigentlich keine große Rolle. Aber klar, hygienischer ist es mit Seife.

Ihnen alles Gute und viel Erfolg bei Ihrer Therapie

Dr. Jan Leidel

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