Sehr geehrter Herr Dr. Rudwaleit!
Trotz meiner langen Krankengeschichte versuche ich mich kurz zu fassen. Ich werde in diesem Jahr 60 Jahre alt. Seit meinem 17. Lebensjahr leide ich unter für den Bechterew typischen Rückenschmerzen, die damals als Scheuermannsche Krankheit bezeichnet wurden. Vier Monate Gipsbett!!! Die Rückenschmerzen blieben bzw. haben sich stetig ausgeweitet. Mittlerweile war die Halswirbeläule betroffen und sie ist jetzt auch in einem erbärmlichen Zustand. Instabilität C3/4, enger Spinalkanal,dorsalkonvexe Kyphose der oberen HWS, der Diskus C4/5/6 ist hochgradig verschmälert, Spangenförmige knöcherne Apposition bds. paramedian nach dorsal Einengung des Spinalkanal. Bis vor kurzem hießen diese Veränderungen altersbedingter Verschleiß!!! Kurzum: Nach 34 Jahren Krankheitsdauer ist in der Seeparkklinik Bremerhaven die Diagnose Morbus Bechterew gestellt worden. Diese Diagnose wurde allerdings von einer, etwas später aufgesuchten, internistischen Rheumatologin in Oldenburg wieder zurückgenommen. Kein HLA B27!!!! Erst jetzt, vor Weihnachten vergangenen Jahres, meine gesundheitlichen Probleme sind immer mehr geworden, wurde wieder von einem internistischen Rheumatologen im Ev. Krkhs. in Ol. die Diagnose schwere Form einer ankylosierenden Spondylitis gestellt. Neben den immer noch auftrtenden Rückenschmerzen haben sich weitere Probleme eingestellt wie Uveitis, Psoriasis, Durchfall, Magenschmerzen und besonders Herzrhythmusstörungen. Die bisher aufgesuchten Kardiologen schließen jeden Zusammenhang zwischen MB und dem Herzproblem aus. Ich habe allerdings den nicht unbegründeten Verdacht, dass die Ärzte aus dieser Fakultät diesbezüglich nicht den geringsten Schimmer einer Ahnung haben. Ich weiß, dass klingt hart, ist aber vor dem Hintergrund meiner bisherigen Erfahrungen mit den Ärzten im Zusammnenhang mit meiner Grunderkrankung noch Moderat ausgedrückt. Die Herzrhythmusstörungen wurden nun also mit Antiarrhytmika (Rytmonorm / Tambocor) behandelt. Die Herzrhythmusstörungen traten bei Einnahme der verordneten Medikamente immer häufiger (alle 3 Tage) auf, so dass ich den Sinn der Einnahme nicht mehr erkennen konnte. Ich habe die Medikamente abgesetzt und die Herzprobleme traten, wie schon zuvor immer dann auf, wenn sich erneut Entzündungen an der HWS/BWS bemerkbar machten. Das passiert schon seit ca. 4 Jahren immer wieder im Zeitabstand von ca 3-4 Wochen mit zunehmender Tendenz. Von den Kardiologen ist mir eine Kathederablation nahegelegt worden. Da ich aber davon ausgehe, dass die Herzprobleme in direktem Zusammenhang mit den Entzündungsschüben einhergehen, halte ich nicht viel von der angeratenen Ablation. Mir kommt das so vor, als ob man das mal ausprobieren will ob es hilft. Im Verlaufe meiner langen Krankengeschichte ist aber schon soviel probiert worden, dass ich die Nase davon gestrichen voll habe. Zur Zeit nehme ich tgl. 5mg. Decortin und abends eine Kapsel Voltaren ein. Diese Medikation hilft mir nur sehr bedingt. Ansonsten Micardis plus 40/12,5, Belok Zok 95mg, ASS 100. Bei Bedarf Dexa Edo gegen die Augenentzündungen. Da ich zwischenzeitlich auch die Diagnose Psoriasis Arthritis bekam wurde versucht mit der Einnahme von MTX 7,5mg wöchtl., vorher Pleon Ra bis 6000mg tgl. die Probleme zu bekämpfen. Allerdings ohne Erfolg. Nun wollte ich mich doch kurz fassen und es ist doch schon mehr geworden als ich ursprünglich schreiben wollte. Aber 43 Jahre Krankengeschichte lassen sich nur schwer in wenigen Zeilen unterbringen. Können Sie mir einen Rat geben, insbesondere wegen der Herzrhythmusstörungen, wäre ich für Hilfe sehr dankbar.
Mit freundlichem Gruß
Ingo-Volkmar Altrock
Herzrhythmusstörungen und Morbus Bechterew
Kategorie: Knochen-Gelenke » Expertenrat Gelenkbeschwerden/Rheuma | Expertenfrage
Antwort
Hallo Herr Altrock,
es ist für mich schon sehr interessant zu hören, dass bei Ihnen als Bechterew-Patient die Herzrhythmusstörungen vermehrt aufgetreten sind, wenn es zu entzündlichen Schüben in der HWS oder BWS kam. Eine Korrelation von Herzrhythmuströungen mit Aktivität des M. Bechterew ist aber bisher in der Literatur nicht beschrieben. Es ist wohl bekannt, dass ein geringer Prozentsatz der Bechterew-Patienten Veränderungen am Herzen entwickelt, z.B. eine Erweiterung der Aorta mit Aortenklappeninsuffizienz. Auch Herzrhythmusstörungen sind bekannt, aber eher bei HLA-B27 positiven Patienten.
Das Problem bezüglich der Einschätzung Ihrer Rhythmusstörungen ist, dass in Ihrem Alter (60 Jahre) Herzerkrankungen - einschließlich Herzrhythmusstörungen - einfach sehr häufig sind, meistens ohne Bechterew auftreten und auf Verkalkungen der Herzkranzgefäße oder meist degenerativen Veränderungen des Herzanteils, der für den Herzrhythmus verantwortlich ist, zurückzuführen sind. Daher würde ich auch bei Ihnen erst einmal davon ausgehen, dass die üblichen Veränderungen (Degenerationen), die zu Herzrhythmusstörungen führen, bei Ihnen eine Rolle spielen. Es gibt auch keinerlei Hinweise, dass die Herzrhythmusstörungen bei Patienten mit M.Bechterew anders behandelt würden als bei Patienten ohne gleichzeitgen M. Bechterew. Therapeutisch würde ich mich an Ihrer Stelle daher an die Empfehlungen der Kardiologen handeln und die Herzrhythmusstörungen unabhängig vom M. Bechterew betrachten. Die vorgeschlagene Kathederablation ist generell ein durchaus gängiges therapeutisches Verfahren in der Behandlung von Herzrhythmusstörungen (betrachten Sie sich nicht als Versuchskaninchen!), wobei ich aber nicht entscheiden kann, ob das bei Ihnen nun indiziert ist oder nicht, das kann nur der Kardiologe.
Parallel dazu sollten Sie mit Ihrem Rheumatologen besprechen, ob der M.
Bechterew optimal behandelt ist. Wie gesagt, ich würde beides angehen, aber in der Therapie unabhängig voneinander sehen. Wichtig ist, dass Sie zu den Ärzten ein Vertrauensverhältnis haben und sich gut aufgeklärt und behandelt fühlen.
Viele Grüße
M. Rudwaleit
Antwort
Sehr geehrter Herr Dr. Rudwaleit!
Zunächst einmal ganz herzlichen Dank für Ihre schnelle Antwort.
Ich hatte mir vor etwas länger zurückliegender Zeit auf Empfehlung der DVMB ein Buch gekauft, Morbus Bechterew,der entzündliche Wirbelsäulenrheumatimus erschienen im Gustav Fischer Verlag. Dieses Buch behandelt den Bechterew sehr detailliert. Unter anderem heißt es dort unter der Überschrift Befall des Herzens, dass es vor allen Dingen bei langjähriger Erkrankung an Bechterew u. a. häufig zu Herzrhythmusstörungen kommen kann. Auf der Internetseite www.Bechterew.com, habe ich ebenfalls einen Hinweis darauf gefunden, dass bei der bechterewschen Erkrankung eben auch das Herz befallen sein kann. Häufig sind die Vorhöfe des Herzens betroffen.
Die mich plagenden Herzrhythmusstörungen heißen intermittierendes Vorhofflimmern und supraventrikuläre Tachykardie. Es sind bereits alle gängigen Untersuchungen des Herzens durchgeführt worden mit dem Ergebnis, dass das Herz gesund ist. Zum Beispiel haben diverse Belastungs-EKG`s immer ein sehr gutes Ergebnis gebracht. 5 Min. / 200 Watt ohne Probleme. Und noch etwas ist für mich als medizinischen Laien mehr als merkwürdig: Nehme ich im aktuell auftretenden Fall der Rhythmusstörungen zusätzlich eine weitere Kapsel Voltaren ein, dauern die Rhytmusstörungen nur noch halb so lange wie sonst. Üblicherweise dauert das Vorhofflimmern zwischen 10 u. 20 Std. Nach Einnahme von Voltaren oder hochdosiertem Cortison waren die Rhythmusstörungen schon nach relativ kurzer Zeit zu Ende.Und noch etwas ist sehr seltsam: Wenn ich mich im akuten Fall der Rhythmusstörungen extrem aufrichte, dass heißt die BWS/HWS strecke, so gut ich es noch kann, werden die Rhythmusstörungen deutlich langsamer und nähern sich einem normalen Sinusrhythmus. Ich denke mal, dass auch Sie diese Geschichte verwundern wird. Schon vor mehr als zehn Jahren trat dieses damals von mir sogenannte Herzstolpern sporadisch auf was ich allerdings immer durch Streckbewegungen in den Griff bekommen habe.
Im übrigen haben Sie sicher Recht mit Ihrem Hinweis auf die optimale Behandlung des Bechterew. Mittlerweile habe ich den Eindruck, dass in meinem Körper schon sowas wie eine Dauerentzündung besteht, mit der ich wohl oder übel leben muß. Die Entzündungsspitzen sind allerdings immer wieder zum verrückt werden. Mein Eindruck ist immer der gleiche: Der Schub beginnt zum Beispiel im HWS/BWS Bereich, ist wie schon erwähnt, begleitet von den Rhythmusstörungen und nach einiger Zeit kann ich den Schmerz gar nicht mehr lokalisieren, er ist dann überall!!!
Mit freundlichemk Gruß
Ingo-Volkmar Altrock
Antwort
Hallo Herr Altrock,
wie schon in meiner ersten Antwort geschrieben, ist die von Ihnen beschriebene Assoziation des Auftretens der Herzrhythmustörungen mit Aktivität des M. Bechterew schon beachtenswert, auch das Ansprechen (verkürzte Dauer) der Rhythmusstörungen, wenn Sie Voltaren einnehmen.
Das alles ist sehr interessant und deshalb würde ich mit dem Rheumatologen besprechen, ob der Bechterew wirklich optimal behandelt ist (aureichende Unterdrückung der Entzündungaktivität?) oder ob Sie vielleicht ein Kandidat für einen TNF-Blocker wären. Wenn Sie aufgrund des M. Bechterew für einen TNF-Blocker infrage kämen, könnten Sie unter einer solchen Therapie beobachten, ob darunter die Rhythmusstörungen zurückgehen. Die Rhythmustörungen allein wären jedoch für mich kein aureichender Grund für einen TNF-Blocker, denn es gibt keine Daten, die zeigen, dass so etwas sinnvoll wäre.
Viele Grüße
M. Rudwaleit
Antwort
Sehr geehrter Herr Dr. Rudwaleit!
Vielen Dank für Ihre Empfehlung. In der Tat glaube ich auch, dass ich mit meiner derzeitigen medikamentösen Therapie hart an der Grenze zwischen Ruhen der Entzündung und gerade mal ein wenig doch entzündet dahinschwebe.
Ich werde mein Glück noch mal versuchen. Und wenn ich dann auch noch meine Rhythmusprobleme in den Griff bekäme, wäre mein Glück vollkommen.
Herzliche Grüße
Ingo-Volkmar Altrock