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Coronavirus

Kategorie: Infektionen » Expertenrat Coronavirus-Infektionen | Expertenfrage

16.03.2020 | 04:05 Uhr

Sehr geehrter Dr. Leidel,

es wird ja nun überall gesagt, dass die Risikogruppen wegen corona geschützt werden sollen. Mein Vater ist 82 und hat eine herzschwäche, extrasystolen, Vorhofflimmern etc., meine Mutter ist 71 mit Sigmakarzinom (Op war 09/2019) und Non Hodkin Lymphom (CLL) ABER OHNE CHEMOTHERAPIE.  Wir versuchen zu regeln, dass sie möglichst im Haus bleiben, essen gebracht wird und einkäufe so gut es geht abgenommen. 

Sollte man "unnötige Arzttermine" erstmal verschieben, ich denke an sowas wie "Durchsicht" beim Zahnarzt, wenn man keine beschwerden hat....

Eine ganz dringende Frage bezüglich der räumlichen distanzierung: wie macht man das als Risikopatient, wenn man mit jmd. anderen im haushalt wohnt, der Tag täglich wegen der Arbeit mit vielen Menschen zusammen kommt? Z.b. Mitarbeiter Lebensmittel oder fahrkartenkontrolleur...

Kann derjenige schon ohne Symptome ansteckend sein? Wenn man jetzt die Wohnung aufteilt und jeder sich in einem anderen Zimmer aufhält, aber Küche und Bad teilen muss, dann ist das doch auch keine Isolation bzw. in Küche und Bad müsste ja dann alles kontaminiert sein? Kann das Virus auf Oberflächen bleiben? Wie macht man das in so einem Fall..? 

Müsste man dann so drastisch sagen, dass man als Risikopatient mit zu den eltern geht, die auch ein Risikopatient sind? So dass, die Risikopatienten abgeschottet sind von denen, die eine infektionsgefahr darstellen? 

Wie müsste man es handhaben, wenn wirklich jmd. Coronavirus hat und mit einem Risikopatienten im haushalt lebt?

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Bisherige Antworten
Experte-Leidel
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16.03.2020, 11:38 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag,

ja, Ihre Eltern haben eindeutig ein erhöhtes Risiko, schwer zu erkranken. Und wenn ich das richtig verstehe, haben ja auch Sie wegen einer evtl. bevorstehenden Immunsuppression ein möglicherweise erhöhtes Risiko.

Die möglichen Vorkehrungen zur Risikoreduktion bei Ihren Eltern haben Sie richtig benannt. Und "unnötige" Arzttermine z. B. regelmäßige Kontrollen würde ich wahrscheinlich - am besten nach Rücksprache mit der Praxis - eher verschieben.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, leben Sie nicht mit Ihren Eltern zusammen, sondern mit jemandem, der berufsbedingt täglich mit vielen Menschen in Kontakt kommt. Bisher ist die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung in Deutschland noch recht gering. Es sind bisher weniger als 0,1 % der Menschen infiziert. Davon befinden sich die meisten in Quarantäne. Allerdings wird die Zahl der Infizierten sicher weiter zunehmen.

Es ist in Einzelfällen möglich, dass jemand, der infiziert ist, ohne Symptome andere ansteckt. Allerdings scheint das selten zu sein.

Einen 100%igen Schutz kann es nicht geben. Aber man kann das Risiko reduzieren. Dazu gehören  die bekannten Hygieneregeln (Händewaschen, nicht mit den Fingern ins Gesicht, Abwischen von Türklinken und Reinigen, insbesondere von Küche und Bad, mit üblichen Haushaltsreinigern, Geschirr und Wäsche möglichst heiß waschen, Räume häufig lüften).

Ja, die Viren können in Abhängigkeit von Temperatur, Luftfeuchte und anderem auf Oberflächen ihre Infektionsmöglichkeit enige Tage behalten, was aber nicht zu einer Ansteckung führen muss. Die Viren können von sich aus nicht aktiv jemanden infizieren. Aber man kann die Viren von der Oberfläche auf die Hände bekommen und sich damit die Augen reiben. Das ist der Grund dafür, weshalb man Oberflächen häufiger reinigen sollte. Das muss nicht mit einem Desinfektionmittel geschehen. Haushaltsreiniger reichen. Alles, was fettlösend ist, kann das Virus zerstören.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

 

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16.03.2020, 12:10 Uhr
Kommentar

Sehr geerhter Dr. Leidel, 

wir haben jetzt alle Termine die unnötig sind abgesagt. Die Physiotherapie die zu meinem Vater zum Hausbesuch kam, hat von selbst abgesagt, die hatten Anweisung vom Gesundheitsamt chronisch Kranke und alte Leute nicht mehr "zu behandeln". 

Da das mit dem Virus ja länger dauern wird, wie ist das mit einem Friseurbesuch? Die Friseurin hatte sich angeboten, dass sie auch nach Hause kommt, aber sie hat ja trotzdem viele Kundenkontakte und als Friseur kann man ja nicht 2 m Abstand halten. Vom Grund wäre es ja nichts anderes, wie der Hausbesuch der Physiotherapeutin, der jetzt abgesagt wurde. 

Bezüglich mir selbst: ich hatte zwischenzeitlich schon die Panik, dass ich auf die Gedanken gekommen bin, mich bei meinen Eltern aufzuhalten. dann sind wir Risikopatienten unter uns. Die Person in meinem Haushalt ist noch gezwungen weiter zu arbeiten, so lange die Politik oder jemand anderes sagt, dass der Laden zugemacht wird. Es ist kein Lebensmittelgeschäft und so könnte das vielleicht noch Realität werden....Die Person sorgt sich nun selbst wegen mir und würde sich am liebsten krank schreiben lassen, aber für so lange wird das keiner tun und dann gibt es ja spätestens nach 6 Wochen ein Finanzproblem. Die Person ist momentan Alleinverdiener bei uns, weil ich schon seit mehr als 8 Monaten krank geschrieben bin. Ich selbst habe keinerlei Ansprüche und wir würden dann auch nicht mehr meine Krankenkassenbeiträge zahlen können, die der Alleinverdiener für mich zahlt. Und ohne Krankenversicherung sieht man ja in Anbetracht meiner Krankheit und des Virus alt aus. 

Ich habe schon Angst, dass die Person aus dem Laden was "einschleppt", aber wenn das mit dem Virus bis zu 2 Jahren dauern kann, ich kann doch jetzt nicht 2 Jahre zu meinen Eltern ziehen? Eigentlich ist die Person vielleicht selbst ein Risiko mit Asthma und vom Gastroenterologen vermuteten Morbus Crohn (Pathologe war sich damals nicht zu 100% sicher). Noch eine Frage: Ist Salbutamol ein Kortisonspray?

Experte-Leidel
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16.03.2020, 16:00 Uhr
Antwort von Experte-Leidel

Guten Tag nochmal,

ich verstehe durchaus, dass die ganze Situation Sie ängstigt. Sie sind damit ja auch nicht alleine. Aber machen Sie sich auch klar, dass die derzeitigen Vorgaben der Behörden, die ich grundsätzlich für richtig und vernünftig halte, dazu ergriffen werden, die Ausbreitung des Virus so gut wie möglich zu verlangsamen.

Derzeit (Stand gestern Abend, Daten des RKI) gab es in Deutschland 4.838 bestätigte Covid-19 Infektionen, davon 12 Todesfälle. Von den Infizierten sind die allermeisten in Quarantäne, laufen also nicht draußen herum. Die Wahrscheinlichkeit, einem infektiösen Menschen zu begegnen ist derzeit also noch sehr gering. Damit diese Zahl möglichst langsam steigt, werden die derzeitigen Maßnahmen ergriffen.

Nur mal zum Vergleich: Bis zum 6. März waren dem RKI 145.258 laborbestätigte Erkrankungen an Influenza (Virusgrippe) gemeldet worden. Davon sind 247 Menschen gestorben. Das beansprucht wesentlich weniger Aufmerksamkeit und Sorge als die Zahlen bei Covid-19, weil wir das mit der Grippe gewöhnt sind.

Also: Es ist vernünftig, die Ratschläge der Fachleute und der von ihnen beratenen Behörden, so gut es geht, zu befolgen. Aber man sollte nicht in Panik verfallen.

Solbutamol ist kein Kortisonspray. Es ist ein Mittel, das die Wirkung des sog. Sympathischen Nervensystems (hier die Verengung der Brochien) lösen soll. Man nennt das ein Sympathomimetikum.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jan Leidel

Diskussionsverlauf
Corona: Welche Symptome sind möglich?

Die wichtigsten Fakten zum Coronavirus im Überblick und der aktuelle Impfstatus in Deutschland →

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